Das Jahr 2012 verabschiedete sich schon im November mit Kälte und Schnee. Da blieb nicht viel Lust und Laune etwas am Schiff zu tun. So  wurde die Zeit genutzt um sich über die Antriebstechnik Gedanken zu machen. Der alte Propeller verursachte ein unschönes Kavitationsgeräusch und die Propellerhersteller waren unabhängig voneinander der Meinung, daß der alte Prop zu klein bemessen worden ist. Die Firma Prowell in Bremen fertigte mir dann zu einem vernünftigen Preis einen sichelförmigen Propeller mit den richtigen Abmessungen an. Leider mußte ich auch die Antriebswelle wechseln, da der Konus des neuen Propellers nicht mit dem Konus der alten Welle zusammen paßte. Die alte Welle war aber auch an der Stelle wo die alte Stopfbuchse saß ziemlich eingelaufen. Da ich auch die alte Stopfbuchse mit Fettpresse und Talgringen austauschen wollte, paßte dies ganz gut. Das ständige getropfe der alten Stopfbuchse war somit erledigt. Eine neue, ölgeschmierte Einheit versieht nun an der Stelle seinen Dienst und sichert hoffentlich das Schiff gegen eindringendes Wasser ab.

Viel habe ich durch den langen Winter an Bord nicht erledigen können und so ging das Fräulein mit neuer Antriebstechnik gut gerüstet dann Anfang April wieder ins Wasser. Kurze Probefahrten im Hamburger Yachthafen ließen hoffen.

 

Auch 2013 wollten wir wieder Ende Mai zur Sommertour aufbrechen. Das Wetter war bescheiden und lud mal wieder nicht wirklich zum Segeln ein. Wir saßen auf gepackten Taschen reisebereit. Eines Nachmittags kam der Absprung. Das Wetter klarte auf und wir wollten los. Wenigstens bis Stade und dann weitersehen. Das Schiff war ansonsten klar zum Ablegen. Taschen und den letzten Proviant an Bord und dann Leinen los.

Gegen 18 Uhr liefen wir Richtung Stade, aber da war auch schon die nächste Schlechtwetterfront im Anmarsch. Über unserem Zielgebiet das vom Hamburger Yachthafen zu sehen ist, schwarze Wolken. Egal, da mußten wir nun durch. Trocken kamen wir an, gingen Essen und freuten uns auf die kommende Reise. Der kommende Morgen empfing uns mit andauernden Regengüssen. Nach dem dritten Tag Regen waren wir bereit die Reiseroute komplett zu ändern. In den Stader Reisebüros wurden schöne Reisen in ferne und warme Länder angeboten. Das reizte uns und wir beschlossen, sollte das Wetter am kommenden Tag nicht besser sein, diese Alternative zu buchen.

Aber es sollte anders kommen. Der folgende Morgen empfing uns mit Sonne, einem lauen Lüftchen und der Option doch noch auf die Ostsee zu kommen. Also wieder Leinen los und ab gen Norden. Über Büdelsdorf und Strande ging es dann einmal Rund Als. Bei schönstem Wetter genossen wir die, uns noch bleibenden Tage.

Auf dieser Reise lernten wir die ungewöhnlichsten Menschen kennen. So gab es den Norweger. Einhand-Segler, der mit seiner gebraucht gekauften 11m Yacht von La Rochelle non stopp bis nach Büdelsdorf kam. Dort half ich ihm beim Festmachen, erfuhr seine Geschichte in Kurzform und half mit Proviant aus. Der arme Kerl hatte nichts mehr an Bord. Am kommenden Tag proviantierte er sich an der nahen Jet Tankstelle und war wieder bester Dinge. Zusammen ging die Reise weiter bis Strande, von wo er am folgenden Tag weiter nach Norwegen aufbrach. Sein Urlaub ging dem Ende entgegen und er mußte wieder zurück auf seine Bohrinsel.

Dieses Erlebnis wurde auf unserer Rückfahrt noch getoppt. Vor der Kieler Schleuse wurden wir von einem Schweden angesprochen, der um Hilfe beim Schleusen bat. Auch er war Einhand unterwegs und gestand, daß er keinerlei Erfahrungen mit dem NOK bzw. mit den Schleusen hatte. So nahmen wir auch ihn wieder in unsere Obhut. Geld für die Schleusung hatte er nicht wirklich, kramte unterschiedliche Währungen zusammen und konnte damit letztendlich bezahlen. Er folgte uns bis nach Büdelsdorf und erzählte uns abends bei einer Flasche Bier ebenfalls seine Geschichte, die wirklich unglaublich war:

 Von Stockholm kommend wollte er mit seinem ca. 27 Fuß großen Boot bis nach Ghana segeln. Nein nicht allein. In Brunsbüttel würde noch ein Mitsegler einsteigen, der ihn begleiten wollte. Ein Schwarzer, der vom Segeln und der Seefahrt nichts verstand. Der sollte nur aufpassen, wenn der Skipper schläft. Ende August wollte er dann wieder mit seinem Schiff zurück sein, denn da hätte er einen OP Termin in Stockholm. Wir waren uns sicher, das er uns einen Bären aufbinden wollte. Aber tatsächlich stieg im Brunsbüttler Hafen der besagte Schwarze zu ihm an Bord. Reisend mir einem Hartschalenkoffer guter Größe unterstrich George damit seine Aussage, das er nur jemanden benötige, der von der Seefahrt nicht viel verstehen müsse. Auch die von George mir vorgestellte Seekarte des Englischen Kanals hätte mir nicht ausgereicht um das Gebiet sicher zu bereisen. Das Wort Tidenkalender und die damit verbundenen Gezeiten waren ihm fast unbekannt. Bis Cuxhaven konnte ich ihm noch die Daten aufschreiben, aber dann wurde es uns zu mühsam. Am kommenden Tag wollten wir dann gemeinsam aufbrechen. Wir mit Wind und Welle Richtung Hamburg, er gegen Wind und Welle Richtung Ghana. Doch der Wind hatte über Nacht ordentlich zugelegt und vor den Schleusen auf der Elbe stand eine heftige Dünung. Bei diesem Anblick wurde unser schwedischer Freund immer leiser und meinte nur, daß der kommende Tag auch noch ein Tag wäre. Und so machten wir uns bei dem Seegang auf in Richtung Hamburg. Selbst nach einem halben Jahr geht uns diese Begegnung nicht mehr aus dem Kopf. Wurde Ghana wirklich erreicht, oder wurde der Rückweg nach Stockholm angetreten. Wir werden es wohl nicht erfahren.